Auf einer entspannten Schnappatmungshöhe von 2.850m liegt das Vorzeige-Kolonialstädtchen Quito mit seinen 1.8 Mio Einwohnern. Uns wurde schon in Peru von allen Travellern, die von Norden kamen, von Quito vorgeschwärmt. Vor allem zwei Must-Do’s: das Community Hostel und seine Free Tour. Also haben wir beide Sachen rechtzeitig reserviert und haben nicht schlecht gestaunt bei unserer Ankunft; übrigens das erste Mal vom Busbahnhof mit einer Taxifahrerin. Die Zimmer sind schön, gut ausgestattet und hatten die besten Betten seit langem. Wir hatten unser 4er Dorm quasi für uns Drei alleine, den die hübsche Kanadierin hat überall nur nicht in ihrem Zimmer genächtigt. Die Küche(n) waren ein Traum, nur das Equipment von der oberen Etage, das wir unten gebraucht haben, mussten wir hoch und runtertragen. Etwas unbedacht. Das Bad war wie zu Hause. Gefliest, mit Badewannendusche und schicker Armatur. Einziges No-Go. Es gab pro Etage nur eines. Für alle Leute. Viel zu wenig…
Das Frühstück war klasse und hat mal wieder frisches Obst und leckeres Brot beinhaltet und auch für die Community-Aktivitäten und das von externen Köchen zubereitete Abendbrot hätte man gemeinsam genießen können, wenn man denn wollte. Außerdem haben sie mit Beamer, großer DVD-Auswahl und HBO aufgetrumpft (yeah, Game of Thrones!). Einmal eingecheckt und ausgeruht haben wir die ersten Straßen der neuen Gegend (direkt am Markt! Spitze!) ausgecheckt und dabei ein indisch-spirituell angehauchtes Restaurant gefunden, aus dem sehr viele in Sari und sonstewas gekleideten Menschen ein- und ausgingen. Das Essen im „Govindas“ war fantastisch und als Buffet angepriesen, aber auch Mittagsmenüs in der Kantine sind möglich. So lecker, dass wir hier gleich zweimal essen waren. Nach etwas planlosem Hin- und Hergeschlendere (schon zu spät fürs Erklimmen der berühmten Basilica) sind wir dann relativ schnell ermüdet zurück ins Hostel haben es uns bei einer Beamer-Vorführung von „Fifty Shades of Grey“ gut gehen lassen (was für ein Trash! Herrlich!).
Der nächste Morgen startete mit einem Besuch der Frühstücksabteilung in der Markthalle. Puh, interessantes Angebot, aber wenig tauglich für europäische Mägen: na, Reis und frittiertes Hühnchen um 9 Uhr gefällig?
Also ein warmes, grau-schleimiges Milchreisgebräu probiert (na gut, nur Björn und Lena) und dazu einen Pitcher (jawolla!) Himbeer-Kokos-Saft; flüssiges Frühstück geht ja auch. Beim nächsten Bäcker – davon gibt’s in ganz Südamerika irre viele – die obligatorischen Schweineohren mit Schokoohr-Dip und Brötchen und Zimtröllchen eingekauft, um den vierstündigen, geführten Spaziergang quer durch die Altstadt zu überstehen.
Wie sich eine Stunde später bei der Free Tour herausstellen sollte, ist der warme Schleimshake ein traditionelle flüssige Mahlzeit in Ecuador, heißt „morocho“ und besteht aus Milch, Zucker, Zimt, süßem Paprikapulver und Maisstampf – alles verrührt und wohl bekomm’s! Auch der Himbeersaft mit Kokoswasser („mora con coco“) ist ein echter Hit und soll probiert werden, so der Guide! Weitere spannende Gerichte aus dem Land der Banane ist die Frühstücks- „tortilla de verde“ mit Kaffee (also frittierte Empanadas aus Kochbanane) und „encebollado“, einer Zwiebel-Fischsuppe, die wohl gut gegen einen üblen Kater sei. Wer’s ganz exotisch möchte, dem sei zu „yagualocro“ geraten, einer Kartoffelsuppe mit Innereien. Außerdem hat er uns noch allerhand heimischer Früchte gezeigt wie z.B. naranjilla (in Kolumbien „lulu“ genannt) oder guanábana.
Weiter geht’s Richtung Blumenabteilung im Markt, wo unser Dreadlocks-Guide uns das Hauptexportgut Ecuadors raten lässt. Na, wer weiß es? Natürlich ist es Öl. Gefolgt von… tattatattaaa… ROSEN! Die Ecuadorianer sind enorme Rosenproduzenten: 70% gehen in die USA, 8% nach Russland und 7% in die Niederlande!
Mega Aufreger innerhalb und außerhalb des Landes übrigens: Ecuadors Schachzug von den Vereinten Nationen eine 360 Mio. Dollar Spende zu ergattern, damit sie die Regenwälder nicht für weitere Ölbohrungen abholzen. Die Wirtschaft ginge vor dem Umweltschutz, so die Devise. Natürlich hat die UN das Geld nicht zusammenbekommen und zack, ran geht’s an Ecuadors letzte Regenwaldbestände. Feine Sache, wenn Politiker immer schön brav langfristig denken… not!
Natürlich möchten wir in Sachen Export unsere hochgeschätzte Banane nicht vergessen. Sie sind größter Bananenexporteur, was die riesigen Plantagen auf den Autobahnen bestätigen; danach erst kommt… schaut in dem Supermarkt eures Vertrauens nach… Costa Rica!
Der Name „Qui – To“ bedeutet „Mitte der Welt“. Einleuchtend, oder? Nationalvogel ist der Kondor, der uns seit Bolivien mit seiner Mythologie verfolgt.
Zurück zur Walking Tour, die uns inzwischen zum Präsidentenpalast entlangführte. Vor dem haben wir erst einmal schick posiert (siehe Fotobeweis) und uns dann erzählen lassen, dass Rafael Correa dort nicht lebt, weil er sich nicht als König aufspielen wolle und dem Palast lieber offen zugänglich fürs Volk lassen wollte (Gratistouren von 9 Uhr bis 18:30 Uhr, Pass vorlegen). Die Wachen werden alle 2h abgelöst und wen’s interessiert, kann immer montags um 11 Uhr die große Wachablösung mitverfolgen. Kommen wir aber nun zum offiziellen Grund, warum el presidente nicht in seinem Palast residiert: Es ist schlichtweg zu gefährlich! Die Bilanz auf dem Plaza Grande vorm Palast: 5 tote Politiker. Allen voran der Konservative Gabriel Garcia Moreno, der mit nur 50 Jahren auf offener Straße ermordet wurde, und dem mit einer Tafel ein Denkmal gesetzt wurde. Also lebt Correa in einem Apartment im Norden und hat noch ein Häuschen in Guayaquil (angeblich der gefährlichsten Stadt Ecuadors – das wirtschaftliche Zentrum des Landes und größer als Quito). Seine Frau ist übrigens Belgierin.
Was uns Touris natürlich brennend interessierte, war die Frage nach der Währung. Warum hat Ecuador den amerikanischen Dollar? Das geht auf ein Finanzdebakel Ende der 90er zurück als der Ölpreis schwächelte und dabei auch der Sucre (die damalige Währung). Einmal zur Vorstellung: Im Januar 2000 sackte der Sucre von 7.000 auf etwa 25.000 für 1 USD ab. Ähnlich wie in Argentinien (und aktuell Griechenland) wurden die Banken für eine Woche geschlossen und nix ging mehr. Also machte der damalige Präsident Mahuad den Vorschlag den Vorschlag, den Dollar als neue Währung einzuführen (der war übrigens Harvard-Absolvent). Zwischen 1999 und 2000 waren beide Währungen akzeptiert und nun läuft der Hase wieder.
Weiter geht’s mit der Tour zu den zig Kirchen der Stadt, die vor allem deshalb große Berühmtheit erlangten, weil sie Gemälde der Quito School of Art aus dem 16./17. Jahrhundert zeigten. Einfach erklärt, ist das der Mix aus katholischem (Spanier-Invasion) und indigenen Wertegut. Pachamama und Christentum wurden einfach gemixt. Am bekanntesten ist wie so oft das letzte Abendbrot, wo Jesus neben Mais und Bananen natürlich auch Meerschweinchen diniert. In den Kirchen ist auffällig, dass die Hautfarbe der Menschen wesentlich dunkler ist und die Technik beim Malen äußerst diffizil ist: 3 Schichten nacheinander aufgetragen… Tonfarben, dann ergänzt durch Rot aus echtem Blut und versiegelt mit der Galle vom Schaf. Ihr werdet Gemälde fortan anders bewerten.
Die lustigen Chips im Bild stammen von einem der zahlreichen Süßwarenläden, wo wir fleißig probieren durften und uns gesalzene, frittierte Bananenchips mit Korianderdip für einen Spottpreis geholt haben. Auch Karamellbomben bekommen auch jeden noch so gesunden Zahn tot. Die Ecuadorianer lieben das Zeug einfach!
Etwas gestärkt mit dem ungesunden Kram sind wir die schöne, bunte Calle de la Ronda entlang geschlendert, die Motiv diverser Postkarten ist und ihren Charme abends noch viel mehr versprüht, wenn die Geschäfte ihre Siesta beendet und wieder geöffnet haben. Und last but not least der Plaza Santo Domingo, der DER Treff für Straßenkünstler jeglicher Art ist. Nachdem sich die Tour aufgelöst hat, sind wir weiter zur gotischen Basilica del Voto Nacional, die hoch oben auf einem Hügel im nordöstlichen Teil der Altstadt liegt. Die Türme der Basilika kann man nämlich besteigen, was ziemlich Spaß macht (natürlich gibt’s in den Türmen Geschäfte – Südamerikaner sind alle tüchtige Geschäftsmänner und -frauen!). Auch Lena hat ihre Höhenangst überwunden und ist die schmalen Metallstufen hochgeklettert, um den Ausblick zu genießen und der LOHNT sich! Dann braucht man den El Panecillo (übersetzt: den kleinen Brotlaib) nämlich nicht mehr zu besteigen, wie wir finden. Auf den Fotos entdeckt ihr auf dem Hüfel die weiße Virgen de Quito-Statue (die Jungfrau von Quito); DAS ist der Hügel.
Hätten wir noch mehr Lust auf Stadt statt Land gehabt, hätten wir sicherlich noch 1-2 Nächte verlängert, um uns die Neustadt und das Partyviertel Mariscal anzuschauen, wo angeblich die meisten Traveller absteigen. Aber wir wollten wieder raus in die Natur! So haben wir uns am Tag darauf den Bus Richtung Mindo geschnappt, der uns auch vorbei an Mitad del Mundo führte, der Mitte der Welt.
Hier findet ihr noch ein kleines Video zu Quito:
Die Mitte der Welt liegt ungenau…
Wenn sie denn schon auf dem Weg liegt, die Mitte der Welt, dann können wir sie ja auch gleich mitnehmen. Also nochmals nach dem richtigen Bus versichert, ein Taxi bis dahin genommen, die Touristenpolizei nahe des Ticketcounters überzeugt, dass sie doch unser Gepäck 1-2 Stunden in ihren Räumlichkeiten beherbergen könnten („Ja, aber nur bis zur Mittagspause!“ – Logisch, störe den Ecuadorianer, ach was, ALLE Südamerikaner, NIE in ihren Essensabläufen :-)) und los ging’s.
Nur stiftete die Beschilderung der zu sehenden Attraktionen eher für Verwirrung als für Aufklärung und so haben wir uns für das zweitgünstigste Ticket inklusive Planetarium entschieden. Viel Zeit blieb uns nicht, denn es fuhr nur ein Bus Richtung Mindo, den wir vor Einbruch der Dunkelheit hätten nehmen können. Also gleich husch ins Planetarium, Kopf verrenkt, uns auf Astronomie-Spanisch – das wir natürlich alle Drei fließend können – die Sternenkonstellationen und den Big Bang erklären lassen, um dann am Punkt Null angekommen, festzustellen, dass man nicht in den Turm gehen kann, weil der ein Extra-Museum ist, für das man draußen am Eingang hätte zahlen müssen. Wunderbar erklärt halt.
Also nur Posing und Handstand vor der „Mitte“, die Charles-Marie de la Condamine 1736 vermessen hatte. Doof nur, dass sich das Monument gar nicht genau am Äquator, sondern 300m weiter nördlich steht. Egaaal, ein Touristenmagnet ist es allemal. Aber das komische, als Freizeitpark angelegte Areal war nur bedingt unser Ding. Für Geld ausgeben war es definitiv gemacht. Wir wissen auch nicht wie wir uns besser hätten informieren können, welches der 3 oder 4 Tickets wir hätten nehmen müssen, um die „coolen“ Sachen zu sehen. Wir wollten nämlich unbedingt das Ei balancieren und Björn eine Urkunde erspielen. Aber nix da. Der Bus nach Mindo rief und das war die beste Entscheidung, die wir für ganz Ecuador hätten treffen können!
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