Wer sich jetzt gerade gemütlich hingesetzt hat, um den neuesten Beitrag zu lesen, der sollte vorher mal in den Kühlschrank schauen Vielleicht versteckt sich ja neben der Milch noch eine angebrochene Flasche Chardonnay aus Kalifornien? Dem Exportschlager Kaliforniens wollten wir für einen Tag ganz nah sein, also haben wir unsere sieben Sachen gepackt, unser Familienauto Pudding vollgetankt und sind in den Norden gefahren zum – na logoooo – Wein verkosten!

Das „Napa Valley“ ist ein Weinbaugebiet im gleichnamigen County und verdankt dem mediterranen Klima seine hervorragenden Weine. Zur Weltspitze gehören sie ca. seit den 60er Jahren; allen voran die Weine der Rebsorten Cabernet Sauvignon, Zinfandel und eben Chardonnay. Die bekanntesten Winzer haben hier ihren Sitz und selbstverständlich sind wir bei strahlendstem Sonnenschein in die Weinregion gefahren und haben kilometerweit die Weinhügel bestaunt, die alle paar Minuten den Besitzer a.k.a. Winzer wechselten.

Fun Fact: Der aus Preußen stammende Charles Krug errichtete 1861 den ersten gewerblichen Weinbaubetrieb.
Trotz Reblausplage und Alkoholprohibition ist die Region dank Bestauszeichnungen bei der 1976er Pariser Weinjury weiter auf den obersten Weltklasserängen.

Mehr als 300 Weinbaubetriebe tummeln sich auf gerade einmal 38 Meilen Scenic Drive auf der Landstraße. In weniger als einer Stunde ist man das ganze Gebiet abgefahren und kann zwischendurch immer überall halten. Wir empfehlen unbedingt einen Abstecher im Napa Visitor Center zu machen und sich eine gratis Karte aller Winzer zu besorgen. Dort ist u.a. auch eingetragen, auf welchem Weingut man einfach auftauchen kann und wo man vorab reservieren sollte.

Alternativ hier der Link der Karte als PDF zum Selbstausdrucken. Wir Weintouristen haben also ungefähr das erste Mal in der Mitte bei Rutherford angehalten, da das Schild einfach zu einladend aussah: Wine Tasting mit schokoladiger Begleitung. Hmm… bei Spitzenpreisen pro Tasting (30 USD pro Nase) haben wir uns ein Tasting halbiert bzw. mit Björn als Fahrer gedrittelt, wobei wir Mädels mehr genascht haben.

Für alle Experten; getrunken haben wir folgende Weine:
– 2013 | Rutherford Ranch Cabernet Sauvignon mit dunkler Schokolade mit getrockneten Kirschen
– 2013 | Rutherford Ranch Merlot mit Toffee-Milchschokolade
– 2013 | Scott Family Estate Pinot Noir (Arroyo Secco) mit weißer Erdbeer-Schokolade
– 2013 | Scott Family Estate Chardonnay (Arroyo Secco) mit weißer Zitronen-Schokolade

Dann gab’s noch ein Extra-Pröbchen, weil die junge Dame mit uns strikt Schlückchen teilenden Ausländern wahrscheinlich Mitleid hatte. Cheers und wohl bekomm’s!

Natürlich konnten wir mit unserem geringen, schicken Kleidungssortiment aus dem Backpack nicht mit der hübschen Eleganz der Weinszene mithalten, wodurch man unser Budget schon beim Betreten des Etablissements erraten konnte. Schon skurril, dass hübsch und stark accessoirierte junge Damen an einem Dienstag Mittag in ihren dicken Schlitten vorfahren und sich bei teurem Lunch stilvoll betrinken (flaschenweise). Rich kids eben.

„Step aside coffee! This is a job for alcohol!“ – Typisches Schild, das man in ganz Amerika kaufen kann

Der Weintourismus scheint dank der rich kids, gut betuchten Amis und der fleißig sparenden Auslandstouristen zu boomen. Napa Valley ist nach Disneyland mit 4,7 Mio Besuchern DIE Attraktion in Kalifornien. Und sofern man ein Auto hat, ist in den USA alles möglich. So richtige Touranbieter haben wir hier nicht entdecken können. Wer besagtes mobiles Vierrad besitzt, biegt von Napa aus einfach auf den Silverado Trail. Das Städtchen Napa ist ganz niedlich; natürlich für Leute, die entsprechend Geld mitbringen, auch ein Shoppingjuwelchen. Uns genügte aber nur eine kleine Schlenderei. Vor einem oder zwei Jahren gab es dort ein mittelschweres Erdbeben, was wohl eine Menge Brücken und Gebäude zerstört hatte. Davon konnten wir aber vor Ort nichts spüren. Alles hübsch hergerichtet.

Da uns bei der Hitze im Weintal schon der Kopf vom ersten Tasting etwas zu schaffen machte, haben wir weitere, kostspielige Tastings ausgelassen, sind stattdessen auf der Rücktour über Calistoga (sehr süß, sehr teuer) und Yountville (haltet euch fest, die Stadt feierte gerade ihren 50. Geburtstag – boah, bei so viel Historie wurde uns ganz schwindelig :-D)) in unseren ersten Walmart gegangen und haben uns einen weiteren Rotwein aus der Region geholt, der uns sogar von der Lady aus dem Tourismusbüro empfohlen wurde. Viel Geld gespart und gleich eine ganze Flasche dafür bekommen! Jippie! Wieder zu Hause angekommen, haben wir unseren Hundi abgekuschelt und ganz stilecht die berühmte Fertigpampe „Mac’n Cheese“ (Käsemaccaroni) mit dem besten Tropfen Cabernet Sauvignon der Winzerei Woodbridge genossen. Wir halten also die Balance aus Backpackerleben und Reise-Extravaganz am Leben.

Nur, weil wir aber nicht die Spendierhosen anhatten, muss das nicht bedeuten, dass der hiesige Tourist in Napa Valley nicht eine fantastische Zeit haben kann! Spart einfach und ihr könnt in dem Gebiet mit der höchsten Michelin-Sterneköche-Dichte der ganzen Vereinigten Staaten in jedem noblen Restaurant schlemmen bis ihr platzt (was nicht passieren wird, denn die Portionen sind ja eher dekorativ gemeint).

Allein, wenn man sich die „Things to do“-Liste der offiziellen Webseite anschaut, entgeht dem schlauen Leser nicht, dass hier die ganze Extraklasse eines Kalifornien-Urlaubs hineingepackt wurde. Und mitmachen, ist ganz einfach: Du brauchst nur viel Geld.

Eine kleine Auswahl an Freizeitmöglichkeiten im Napa Valley:
Wine & Dine Tours (die Sterling Vineyards sollen toll sein – mit dem Skilift ganz nach oben und bei einem Glas Wein die Aussicht genießen)
Limo Exkursionen (du darfst dich betrinken und wirst kutschiert – nice job!)
– im Heißluftballon über das Weingebiet (bei romantischem Sonnenuntergang, versteht sich)
Chardonnay Golf Erlebnispakete (wen überrascht’s?)
– Napa Valley Wine Train (mit dem Postkarten-Oldie Zug durchs Tal)
Spa Behandlungen (Oh jaaa, die haben wir oft und überall lesen können)
Kochkurse (beim Culinary Institute of America)
Shoppingtouren (z.B. im V Marketplace, auf den Bauernmärkten und in den vielen Kunstgalerien)
– zur Abwechslung mal eine Olivenöl-Farm (St. Helena Olive Oil Company)
– Geld im Casino verprassen (Napa Valley Casino; das angeblich „freundlichste Casino Amerikas“)
Pferde reiten (ja, gut… geht immer, ne?), Angeln (wo ein Fluss ist, ist auch ein Angler), Segway Touren (dürfen nicht im 0-8-15-Angebot fehlen) oder Stand-up Paddling (Paddeln auf einem Surfbrett; viel origineller)
Old Faithful Geyser of California (alle 45 min schießt eine Wasserfontäne hoch; das Ganze hatte sich für uns nach dem Blick auf den Eintritt von 14 USD (!!!) erledigt. Das gibt’s cooler und günstiger auf Island! Noch dazu sind die dann auch echt… hier in CA wurde 1870 einfach ein Loch ins geothermale Reservoir gebohrt und so entstand die regelmäßige Fontäne.)

Wir Normalos hatten trotzdem unseren Spaß – sei es nur, um zu gaffen, an Blumen zu schnuppern, um uns unser gediegenes Leben mit 50+ vorzustellen oder um den „Californian Way of Life“ aufzusaugen.