Wir sind ja zugegebenermaßen absolute Schokoholiker! Schon in Cusco und Lima haben wir jede Möglichkeit genutzt im Franchise-Schokomuseum Kostproben zu naschen. Im Markt haben wir immer die leckere Quinoa– und Amaranth-Schokolade gekauft und uns gefreut, dass die einzigen Zutaten Kakaomasse und Zucker waren. Mal kein blöder Emulgator namens Soja-Lethicin. Und kein olles Vanillin, das in so ziemlich jeder Schoki auf dem deutschen Markt steckt.
Schaut mal demnächst bei Milka, Rittersport & Co. auf die Inhaltsstoffe. Ihr werdet staunen! Logisch also, dass wir unbedingt auf eine Führung wollten. Die lag praktischerweise gleich 50m von unserem Regenwald-Hostel „La Casa de Cecilia“ im beschaulichen, kleinen Mindo, ca. 2 1/2 Stunden nordwestlich von Quito.
DIE KAKAOPLANTAGE VOM „EL QUETZAL“ IN MINDO
Wir hatten die wohl engagierteste, begeisterste und netteste Schoko-Führerin der Welt! Jessica aus Kanada ist selbst Chocolatière und seit vier Wochen auf der Plantage, um alles Wissenswerte über Kakaobohnen, ihre Verarbeitung und Verkaufsmöglichkeiten in sich aufzusaugen. Dementsprechend fröhlich und erzähllustig hat sie sich uns Schokohungrigen angenommen und uns absolut jede Frage kompetent beantworten können.
Es ging los mit einem Kakaofrucht-Intro. Wer hätte gedacht, dass die SOOO LECKER schmeckt! Ein bisschen wie glitschige Mango; aber nicht auf den Kern beißen – also die Kakaobohne selbt – denn die ist ungeröstet bitter wie Hölle. Weiter geht’s mit dem Kakaoböhnchen selbst, dass nach der Röstung innen von violetter zu brauner Farbe wechselt. Wir haben eine in zwei Teile geknackt, die Schale entfernt und damit auf 100%iger Schokolade herumgeknabbert. Ungesüßt eher Überzeugungsarbeit, aber der Kakaogeschmack ist schon jetzt hervorragend!
Die ganze Zeit über gibt’s Fun Facts zu Schoko und Kakao; z.B. dass der Normalo-Equadorianer lieber auf die kapitalistische Großkonzern-Nestlé-Schokolade abfährt als das heimische Zartbitter-Produkt. Milchschokolade ist King; wie überall sonst auch. Aber der Trend zur gesünderen dunklen Trend-Schokolade sei schon spürbar – wie auch bei Limo und Mikrobrauerei-Bier ist der Handmade-Trend in vollem Gange.
Warum es in Ecuador hergestellte Schoki meist nur in Zartbitter-Varianten gibt? Easy: Es gibt wenig Milch. Darum nutzen sie Milchpulver. Aber der Geschmack sei nicht derselbe; wünschenswert ist eher die reine Bio-Schokolade. Auch spannend ist, dass die belgische Schokolade um einiges weicher im „Abgang“ ist als die aus Ecuador; der Grund: die berühmte Conche (ja, wir mussten auch gleich an den Lindt-Werbesport mit der cremig gerührten warmen Schokolade in der Conche denken). In Belgien werden da mehr Umdrehungen reingehauen als in Ecuador. Umso sahnig-cremiger das Gefühl beim Schokolade essen.
Eine Kakaobohne kann rot, braun oder grün sein und der gesamte Fermentierungsprozess im Gewächshaus dauert 4 Tage. Dabei entwickelt sich auf der Kakaobohne (noch in der Schale, damit sich der Geschmack gut entfaltet) weißer Schimmel – ein gutes Zeichen, denn das bedeutet, der Prozess ist zu Ende. Dann kommt’s zur Röstung bei maximal 50°C (sonst verbrennt die Bohne und schmeckt dementsprechend) und anschließend werden die Endprodukte hergestellt: Kakaobutter, Kakaopulver und Kakaocreme. Die Conche muss immer anbleiben, denn so verschwinden die beim Fermentieren entstandenen Gase aus der Bohne. Die Schokomasse bekommt also einen ordentlichen Drehwurm bis sie cremig genug bei der nächsten Station heruntergekühlt wird.
Das passiert noch ganz klassisch: Ganz langsam wird die flüssige Masse auf einem großen Tisch verteilt und mit Spachtel hin- und hergeschoben bis sie sich perfekt in die Tafel- und Praliné-Formen eingießen lassen. Dann sämtliche Zutaten wie Chilli, Nüsse, Kaffeesplitter, Salz, etc. hinzufügen und ab in den Kühlschrank. Fertig gekühlt dann hübsch verpackt und ab in den Laden! Was die Tafel Schokolade so teuer macht, sind eigentlich der Verarbeitungsprozess und der Schifftransport. Na gut, im Restaurant der Schokofarm gab’s die 30g-Schokoladentafel für 2,50 USD und die normale Tafel für 6 USD. Dann wollen wir nicht wissen, was die Tafel kostet, wenn sie nach Europa verschifft wird. Unsere Kanadierin war als Schoko-Kennerin Feuer und Flamme für die Plantage: „Ich bin schon viel gereist auf der Suche nach der besten Schokolade. Hier habe ich sie gefunden!“ Wenn das mal nicht Schwärmerei pur ist. Und ja, sie war verdammt lecker!
Von der Bohne zur Schokoladentafel in 6 Wochen
Aber jede gute Schoki fängt man ganz klein an. Und zwar in der Frucht am Kakaobaum. In unseren unzähligen Busfahrten sind wir neben den hektargroßen Gebieten von Bananenplantagen auch an vielen Kakaofarmen vorbeigedüst. Hier in Ecuador ist das Klima am Äquator perfekt: Fast kein Wind, da wachsen die Bäume schön gerade. Immer um die 20°C. Saison das ganze Jahr hindurch. Sechs Monate braucht das Wachstum einer Frucht bis zur Ernte. Der Baum mit roten Blättern ist der Indikator für: Es geht los – die ganze Energie geht in die Frucht, nicht ins Blatt.
Wachse, wachse, wachse. Ein rein grüner Baum ist noch mit seiner Blüte beschäftigt. Super interessant: Bestäubt werden die Blüten von einer Mücke! Die lebt dann friedlich und entspannt im Fruchtwasser der Kakaofrucht bis es ihr bei der Schoko-Produktion an den Kragen geht. Der Baum selbst kann über 100 Jahre alt werden, was wir wirklich beeindruckend finden.
Zurück zur Tour: Wie endet man eine gelungene Tour? Richtig, mit Verkostung! Jeder von uns hat also ein Tellerchen mit Schoko-Brownie und einem Shot purer, 100%iger Schokolade erhalten. Dazu ein Löffelchen, mit dem wir Schluck für Schluck weitere Zutaten wie Zucker, Kaffeepulver, Chilischötchen, Ingwersirup und eine Art Teriyaki-BBQ-Soße hinzufügen konnten. Mit jedem Schluck leckerer. Und wie satt pure Schokolade macht! Im Himmel waren wir allerdings beim ersten Biss in den Brownie, der mit Abstand das verführerischste Erlebnis war! Wirklich schwer zu übertreffen.
Wer selbst in den Genuss kommen möchte: Touren werden täglich von 10-17 Uhr, immer zur vollen Stunde für 6 USD angeboten: Chocolate Tour
Und nun natürlich die Fotos! Im Garten des Restaurants wird versucht, so viel wie möglich selbst anzubauen: Möhrchen, Aloe Vera, Zitronengras, Stevia, Papaya, sogar Kaffee und natürlich gaaanz viel Kakao.