Wenn wir eines inzwischen richtig ausgiebig können – wir wagen aber nicht zu behaupten, wir täten es gut oder mit besonders hoher Motivation – dann ist es wandern. Und was macht man wohl in der weltweit höchsten Gebirgskette außerhalb des Himalayas? Richtig, wandern! Zur Auswahl gab’s für uns diverse Berge über 6.000m (22 Stück!) und azurblaue Lagunen in den Gebirgsregionen Cordillera Blanca und Cordillera Huayhuash.

Nach unserem Lima-Trip, wo wir mit dem Meer fast wieder auf einer Höhe waren, haben uns die 3.100 Höhenmeter wieder etwas japsen lassen. Immer fein tief einatmen, denn die Luft ist dünn.

Unser Hostel Akilpo war jetzt keine Wohlfühloase – genauso wenig Huaraz (laut, viel Gehupe, viele Menschen, viele Tiere) – aber die absolute günstigste Unterkunft, die wir je in Peru hatten (15 Soles pro Nacht – das sind gerade mal 4,30€!). Und Victor, Hostelbesitzer und Tourguide in einem, betreibt auch gleichzeitig ein Tourunternehmen, das Tagestrips und lange Bergsteigertouren im Angebot hat. Da wir uns an den berühmten Santa-Cruz-Trek über 4-7 Tage nicht herangetraut haben (die Höhe, der Schwierigkeitsgrad), haben wir uns für eine Tagestour zur Laguna 69 entschieden. Unsere Hamburger Mädels Lara und Lea haben an dem Tag die leichtere Variante zum „Eingewöhnen“ gemacht, nämlich zum Llanganuco-See. Wohl auch sehr lohnenswert.

LAGUNA 69 – MAJESTÄTISCHE BERGE ZWISCHEN MATSCH UND EIS

Unsere Tour begann – wie so oft auf dieser Reise – ungemütlich früh. Um 4:30 Uhr aufstehen; um 5 Uhr startklar sein. Dann erst einmal eine 2-3 Stunden Fahrt entlang schöner Bergketten und schockgefrosteter Berge (Schlaf nachholen). Nachdem unser Guide das Geld für den Parkeintritt beisammen hatte, ging es noch kurz weiter zu einem topasblauen See, bei dem wir bei besten Sonnenaufgangsstrahlen das Frühstück (ein Klassiker: Cocatee und Avacado-Tomaten-Brötchen) genießen konnten. Dabei haben wir mit Mikaela aus dem schönen Calgary, Kanada, schon mal Wetter, Route und Schwierigkeitsgrad erörtet und sind dann wenig später ein paar Minuten weiter im Bus Richtung Wanderstartpunkt gefahren.

Da das Wetter – für Huaraz und Umgebung ungewöhnlich – die letzten Tage dem deutschen Aprilwetter aus Sonne, Regen, Schnee, Hagel; sprich ALLEM; glich, war die Strecke dementsprechend rutschig und schlammig. Die Blumen lagen noch in ihrem Taubett, die Kühe auf der Wiese waren auch noch ganz verschlafen, nur die Berge gaben schon ihr Bestes – mittendrin der höchste von allen, der Huascarán mit 6.768m. Bei dieser Tour ist wahrlich der Weg das Ziel: Die ganze Zeit ist man umgeben von Wasserfällen, Bergen und gaaaanz viel Landschaft.

Die 800 Höhenmeter, die es auf der 11km langen Strecke (hin/rück) zu bewältigen gilt, sind machbar, wenn auch langsam. Man startet bei 3.800m und endet an der Lagune auf 4.600m. Und das merkt man dann schon – tief Luft holen und „tranquilo“, dann packt man’s. Der fiese Part ist, dass der Hinweg ausschließlich bergauf geht. Vom Tal hoch zu See 1 (worin grünlich die Algen schimmern), um dann nochmal querfeldein den Anstieg zur Lagune zu meistern (puh, lasst uns nicht über die letzten 25 Minuten reden…).

Der Amerikaner aus unserem Mehrbettzimmer hat es sehr gut beschrieben als er sagte, es gäbe drei Stufen von Spaß auf dieser Reise: Stufe 1 – Es macht einfach nur Spaß, mit fast müheloser Anstrengung (z.B. Rafting, Zip-Lining), Stufe 2 – Währenddessen man die Aktivität unternimmt, fragt man sich die ganze Zeit, warum man sich das wieder und wieder antut?! Um dann – am Ziel angekommen – festzustellen, dass es die Mühe wert war (so ziemlich alles, was wir in der Natur erleben, fällt in diese Kategorie). Stufe 3 – Man findet es einfach nur kacke. Währenddessen eine Tortur und am Ziel angekommen, auch blöd, weil man fix und alle ist. Der einzige „Spaß“ ist, dass es nachher mal’ne gute Story wird, weil man’s „Überlebt“ hat (z.B. Santa Cruz Trek, Hardcore Bergsteigen).

Wir sind also oben angekommen, die Lagune war – wie versprochen – einsam und kristallklar blau, dahinter die gewaltigen Eiswände des Chacraraju (einer der schwierigsten 6.000er der Cordillera Blanca), der Himmel riss auf, um wenig später etwas Hagel herabzulassen und wir waren im „Stufe 2“-Modus: War anstrengend, aber hat sich gelohnt. Obwohl uns das Gefühl nicht loslässt, übersättigt zu sein an Lagunen und Berggipfeln, die alle ähnlich anstrengend im Erklimmen waren, z.B. die Lagune am Torres, an Tag 1 des Torres del Paine (Chile); oder die Lagune oben am Fitz Roy (Argentinien). Nichtsdestotrotz sind die Kordilleren beeindruckend und unvergleichbar.

Wären wir Bergsteiger, würden wir wahrscheinlich jetzt in vollster Ekstase vom Parque Nacional Huascarán berichten. Es ist einer DER besten Nationalparks weltweit, um ausgiebig zu klettern und zu wandern. Hier wächst eine der seltensten Pflanzen der Erde: die Riesenbromelie. Sie wird bis zu 10m hoch und kann bis zu 100 Jahre alt werden – und wächst ausschließlich auf 3.500-4.500 Höhenmetern. Schon erstaunlich. Der gesamte Park ist seit 1985 UNESCO Weltkulturerbe. Und hier verirrt sich wirklich niemand her. Dafür, dass es so ein Wahnsinns-Bergsteiger-Abenteurer-Gebiet sein soll, waren an unserem Tag nur wir und eine weitere Gruppe – zusammen vielleicht maximal 60 Leute – im Park. Nur einen vereinzelten Wanderer haben wir angetroffen. Sonst Stille, Wind, Einsamkeit. Wer den Machu Picchu-Massen entfliehen will, der muss hier hin. Wir waren etwas wandermüde und sehnten uns nach den vielen Andenbergen nach Berg-Auszeit und Strand…Aber zu sehen gibt es hier noch allerhand, wie etwa den Artesonraju (5.999m), der angeblich das Logo von Paramount Pictures darstellt. Auch der Churup-See soll eine echte Wucht sein… man könnte minimum 14 Tage in Huaraz und Umgebung bleiben, so man denn wollte.

Wir haben „nur“ noch eine kleine Wanderung von Huaraz nach Wilcacocha (3.725m) unternommen (feinster Sonnenschein, tolle Aussicht, nette Mitwanderer, u.a. eine französische Dragqueen – wie cool ist das denn bitte?!, ein kleiner, frecher Junge, dem wir noch geholfen haben Holzscheite hochzutragen) und dann wartete der Strand von Huanchaco auf uns und endlich, endlich Leere im Kopf. Seit 3 Wochen ununterbrochendem Erleben brauchten wir eine Pause zum Eindrücke verarbeiten. Ein paar letzte Tage im Norden Perus warteten schließlich noch auf uns, wie etwa die Festung von Kuelap und die Gocta-Wasserfälle – beide nahe Chachapoyas im peruanischen Amazonas.

WILCACOCHA – KLEINER TAGESTRIP ZUM EINGEWÖHNEN

Nützliches:
Hostal Akilpo; 15-18 SOles p.P. im 6er Dorm; Calle Antonio Raymondi, Huaraz; Link
Tagestour zur Laguna 69, Hin- und Rückfahrt im Bus, inkl. Frühstück für 50 Soles
– 10 Soles p.P. Eintritt im Parque Nacional Huascarán, um zur Laguna wandern zu können
– Was für Schlemmerherz: California Café (alles auf der Karte! So lecker! Hier gab’s endlich wieder gutes Brot und guten Kaffee!) und Café Andino (auch so gemütlich – das Quinoa Curry war super lecker! Und sie haben einen Kamin – was willste mehr?)
Wilcacocha-See: mit dem Collectivo Bus (1 Sol) vom Mercado bis zu einer Brücke (der Busfahrer weiß Bescheid) fahren, 1 1/2 Stunden wandern und zurück das Ganze