Nach 12 Stunden angenehmer Fahrt auf der berühmten Ruta 40 von Los Antiguos sind wir pünktlich um 8 Uhr in El Chaltén am Busbahnhof angekommen. Der frühe Vogel in uns hat uns nach einem ersten Tee im überteuerten Café des Terminals (aber super Wifi – sie ändern aber täglich das Passwort) gleich ins Stadtzentrum geführt. Das ist super übersichtlich, weil ziemlich lütt und zur Hauptsaison natürlich überschwemmt mit wanderlustigen Backpackern wie uns. Dementsprechend Glück hatten wir mitten zwischen den unzähligen, wenig windgeschützten Zelten unseres unter einem Kirschbaum beim einzigen Hostel in der Straße Lago del Desierto aufzuschlagen. Denn eines ist uns gleich aufgefallen: Es windet in Südpatagonien! Und wie! Und ja, es stimmt: Alle vier Jahreszeiten an einem Tag sind durchaus drin.

Unsere erste Nacht in „Johnny Müller“ war also ziemlich durchwachsen und nass. Das Wasser stand unter unseren Isomatten und wir sind mitten in der Nacht nochmal ausgerückt, um die Konstruktion unseres Überzeltes nochmal zu richten. Etwas verkühlt haben wir uns am Morgen darauf in der externen Kochhütte des Hostels mit Haferbrei und Tee aufgewärmt, um gestärkt die Treks zu machen, die wir euch allesamt empfehlen können. Die Reihenfolge ist dabei egal.

Rund um den Cerro Torre und den Fitz Roy:55 km wandern in vier Tagen

5km Trekking Easy Level – 3h hin/zurück: „Mirador de los Condores“und der „Mirador de las Aguilas“
Diesen Trek haben wir uns als Verschnaufpause von der langen Wanderung zur Laguna Torre rund um den Cerro Torre gegönnt. Man hat einen fantastischen Blick über das Städtchen Richtung Norden. Startet am offiziellen Besucherzentrum des Nationalparks „Los Glaciares“. Ist wie alle anderen Treks auch ohne Parkeintritt. Lohnt sich wohl sehr bei Sonnenauf- und untergang. Wir fanden ihn auch mitten am Tag schön. Ist zwar kürzer als der Trek zu den Wasserfällen, hat dafür aber mehr Anstieg. Zwischendurch gibt’s kleine Infotäfelchen über den Andenkondor, das Nationalsymbol Argentiniens. Der zweite Ausblick, der sich vom ersten abzweigt, bietet eine tolle Sicht gen Süden auf den Lago Viedma. Das milchigblaue Wasser und die sanften Hügel mit den Schatten der Wolken lassen einen trotz Wind vor sich hinträumen.

8km Trekking Easy Level – 2h hin/zurück: die Wasserfälle „Chorrillo del Salto“
Nach unserer frühen Ankunft in El Chaltén haben wir den angeblich familienfreundlichen Wanderweg zu den Wasserfällen auf den Nachmittag gelegt. Unter familienfreundlich verstehen wir allerdings nicht die unbefestigte Straße mit massivem frontalen Wind entlang zu laufen, bei dem man vor lauter Sand und Staub in den Augen nicht die entgegenkommenden Autos sieht, die sich die Mühe zu Fuß sparen, sondern gleich zum Parkplatz vorfahren. Lediglich ein kurzes Stück verläuft abseits der Straße. Schal als Mundschutz einpacken, wenn’s windet. Es weht einen weg! Die Wasserfälle lohnen sich dennoch. Man teilt sie natürlich mit Leuten aus aller Welt – die Einsamkeit des Ortes wie auf der Postkarte abgebildet wird man hier nicht finden.

20km Trekking Medium Level – 7h hin/zurück: „Laguna Torre“
Unser erster langer Trek. Und eine wirklich schöne Strecke am Fluss entlang, mit langen Waldabschnitten und ein bisschen Steingeröll-Anstrengung kurz vor Erreichen des Ziels. Den Ausblick über den Torre-Berg haben wir bei bestem Sonnenschein genossen (unsere Wegzehrung die leckeren Empanadas der Bäckerei) und an der Laguna angekommen, haben wir uns Wind verwehen lassen. Die letzten Kilometer zurück zehren schon ein bisschen an den Kräften, weil man die Länge der Strecke nun natürlich besser zeitlich einschätzen kann. Danach wackeln die Knie vor Anstrengung. Aber: ein Muss!

22km Trekking Medium Level (außer km 1 und 10 – echte Schweiß- bzw. Fleißarbeit) – 9 1/2h hin/zurück: „Laguna Capri“ und „Laguna des los Tres“
Wohl DAS Ziel aller Wanderer und Kletterer in der Region: der Wanderweg mit spektakulären Ausblicken auf den Fitz Roy, den 3.405m hohen Berg, der spitz in den Himmel ragt. Ein ziemlich wetterabhängiges Unterfangen, das wir bewölkt gestartet sind und auch wieder so beendet haben. Den angeblich ersten Kilometer haben sie seeehr großzügig berechnet, aber die nächsten 8km danach sind richtig leicht, eigentlich nur auf ebenem Weg, und ohne große Anstrengung. Die eigentliche Anstrengung liegt nur in der Länge des Weges. Er dauert eben seine Zeit. Und die Berechnungen auf der Karte der Touristeninfo stimmen mit unserem Päuschen- und Foto-Tempo nicht ganz überein. Wir rechnen pro forma immer eine Stunde extra dazu, was in etwa hinkommt.

Abschreckend und wirklich kräftezehrend ist der letzte Kilometer zur Laguna des Los Tres: steil, steiler, Schweißausbruch. Dauert nochmal eine Stunde und geht nur über Steine, teilweise unbefestigt und immer in die Höhe. Der Weg nach oben ist auch derselbe wieder nach unten. Das heißt, neben der vollen Konzentration auf welchen Stein man als nächstes tritt, kommt noch der Gegenverkehr hinzu, obwohl die Strecke nur „one way“ ausgelegt ist. Das Glücksgefühl oben angekommen zu sein, ist die Mühe aber wert. Und auch hier wieder bedenken: die ganzen Kilometer wollen auch wieder zurück gelaufen werden. Es sei denn, man campt gleich auf halber Strecke und verbindet die Routen und Treks miteinander.

Interessantes zum Ort und zu Argentinien:
– Beste Panaderia der Stadt ist auf der Lago del Desierto. Unverfehlbar. Richtig leckere, prallgefüllte und günstige Empanadas und super schokoladige Alfajores (eine Art schokolierter Doppelkeks mit „Dulce de Leche“-Füllung – letztere ist nationales Naschkulturgut; ähnlich einer Karamellcreme).
– Richtig saftige, riesengroße Burger für umgerechnet 10€ und das lokale Quilmes-Bier (das sogar Maike schmeckt!) gibt’s im „Porter“auf der Avenida San Martín.
Bloß nicht: Gnocchis im „Mathilda“-Café bestellen! Kartoffelpampe ohne alles. Auch bei unseren Ravioli für 6,50€ muss man die Soße für 3-5€ nochmal extra dazubestellen. Dafür gibt’s woanders mehr fürs Geld. Trotzdem schönes Café mit Ambiente und Stil. Lieber nur auf Kaffee, heiße Schokolade und Kuchen beschränken.
– Argentinien hängt Chile in Sachen Bäckereihandwerk um Meilen ab! Soooo viele leckere Kuchen, Torten und Gebäckspezialitäten – uns läuft das Wasser im Mund zusammen.
– Egal zu welcher Uhrzeit: Es wird Mate getrunken! Ein Kilo Yerba Mate, der rundliche Pott mit bajilla (dem metallischem Trinkhalm) und die Thermosflasche zum Wiederauffüllen sind immer mit dabei. In Uruguay gehen die Leute angeblich damit auch in den Supermarkt. Beide Länder streiten sich darum, wer die Mate-Teezeremonie erfunden haben soll.

Nützliche Infos:
– Busfahrt von Los Antiguos nach El Chalten mit Open Ticket nach El Calafate: 80 USD / Busabfahrt 20 Uhr / Ankunft morgens um 8 Uhr in El Chaltén / Weiterfahrt nach El Calafate dauert 3h (fahren 3-4x täglich)
Umtauschkurs USD – Arg Pesos im Busterminal in Los Antiguos: 1 US$ – 12 Pesos (der richtige Oberknaller sind 1$ – 14 Pesos, aber schwer zu finden; nur auf dem Schwarzmarkt, Banken tauschen meist 1$ – 9 Arg Pesos)
Camping am Hostel auf der Lago del Desierto kostet 50$ ARG pro Nacht