Festivalfeeling im Spätsommer: Touristenhochburg El Calafate

Nach drei entspannten Stunden Busfahrt durch die argentinische Steppe vorbei an Guanacos und Schafen sind wir im Touristenparadies El Calafate gelandet.
Eigentlich ist es eher eine „Drive through“-Stadt, weil sie günstig zwischen dem Trekking-Mekka El Chaltén und dem Kontinent-Wanderschönling Torres del Paine gelegen ist. Die Stadt hat an sich nicht irre viel zu bieten außer Souvenirshops, tolle Cafés, unendlich viele leckere Bäckereien mit einer Traumauswahl an Torten und Alfajores. Nur im Monat Februar hat der hiesige Besucher Glück und kann neben Konsum auch Musikkultur genießen. Wir waren – ungeahnt – pünktlich zum „3. Fiesta Nacional del Lago“ in der Stadt und hatten zudem noch irre Glück mit unserer Camping-Übernachtung. Denn wie zu erwarten, war die Stadt proppenvoll und alle Unterkünfte mitunter ausgebucht.
Wir kamen im „El Overejo“ unter; super professionell gemacht mit Einlassbändchen, Pass hinterlegen und Sofortzahlung. Auch Brötchen, Restaurant und Camping-Equipmentausstatter in einem. Das berühmte argentinische „cordero“, auch als Grillplatte unter dem Namen „parilla“ bestellbar, haben wir hier sausen lassen. Das gegrillte Lamm am Feuer über Stunden saftig geröstet gönnen wir uns hoffentlich in Bariloche, wo es wohl laut Tipp unseres Schweizer Pärchens Silvia und Ugo das allerbeste argentinische Steak im „Boliche de Alberto“ geben soll. Wir bleiben also in freudiger Erwartung trotz Flexitariertums. Dafür sind die guten, alten Empanadas schon zum Grundnahrungsmittel für den kleinen Hunger zwischendurch aufgestiegen und „süßeln“ lässt es sich in El Calafate wirklich ganz wunderbar! Zwei Empfehlungen sind das „Don Luis“ (schaut euch das Bild der Torte an!) und das selbstgemachte Eis im „Acuarela“ (Spitzenpreise, aber eine kleine Kugel dunkler Schokolade mit ganzen Mandeln entschädigt für alles).

Genug vom Essen: Zurück zur Musik; zurück zum Fiesta del Lago!
Wie schon anfangs erwähnt, steppte der Bär in der Stadt! Eine ulkige Mischung aus internationaler, spanischsprachiger Musik, Volksfest, Autotuning- und Benzinausstellung sowie ärztlichen Seh-, Hör- und Herzchecks und lokalem Kunsthandwerk hat die Stadt eingenommen. Alles open air und gratis. Wir hatten sogar die unglaubliche Chance die Lokalschönheiten zu bewundern, denn an Tag Zwei gab es die offizielle Wahl zur „Reina del Lago“, bei der sich Damen aus der Region in Streetwear, Bikini (so kalt, die Armen!) und blauer Abendmode präsentiert haben.

Maikes Wahl wäre auf Barbara gefallen, der großbusigen Schönheit, Björns auf eine elegante Schlanke, aber gewonnen hat ein ziemlich gewöhnliches Mädchen. Wir vermuten, die Juroren wussten selbst nicht genau wen sie küren sollten, also haben sie gelost. 🙂 Am gleichen Abend haben wir uns auch das spanische schmuse-Pop-Sternchen David Bisbal angehört (naja…aber in Spanien der erfolgreichste Sänger einer Castingshow ever. Und dabei nur Zweitplatzierter gewesen.) und am Tag darauf die aus Lanzarote stammende Musikerin Rosana (viel, viel besser… sagenhafte Stimme! Hat mal nen Titelsong für einen Quentin Tarantino-Film beigesteuert).

Kulinarische Fast Food-Entdeckung beim Festival: Probiert mal Pommes mit Petersilien-Knofi-Öl anstatt Ketchup-Mayo. Eine leckere, tropfende Sauerei! Übrigens ist die argentinische Festivalzone komplett alkoholfrei: Die lokalen Stände der Sportverbände, die man mit dem Kauf seines Hamburgers oder Panchos (liebloser Hotdog mit einer dickeren Wurst) unterstützt, bieten lediglich Kaffee im Teebeutel (!), Thermosbecher-Auffüllen für Mate (ist ja wohl logisch) oder Tee und Softdrinks an. Und auch die Partystimmung, von der wir uns viel erwartet hatten, wollte nicht so recht aufkommen. Von rhythmischen Tanzeinlagen war weit und breit nix zu sehen: Vielleicht war den Argentiniern einfach auch zu kalt abends. Nicht mal klatschen wollten die bei den Hauptacts. Schon skurril, dass die genauso steif sind wie man den Deutschen nachsagt. Mit etwas Fernet (argentischer Kräuterschnaps) oder Quilmes Cerveza hätte es wohl mehr Stimmung gegeben… Demnach haben wir den Part mit der Stimmung mit einer Flasche Cafayate Weißwein am Zeltplatz nachgeholt. Und sind dann innerlich angewärmt in den kalten Schlafsack hinein.

Der wachsende Gletscher kalbt und kalbt: Der Perito Moreno

Das wohl größte Highlight auf der argentinischen Seite Patagoniens, wenn nicht gleich ganz Argentiniens, bleibt wohl aber der Gletscher Perito Moreno, ca. 150 km von El calafate entfernt.
Nach unserem eher mäßig geglückten Versuch das Geld für die Busfahrt mittels Hitchhiking zu sparen, landeten wir bei bestem Wetter doch noch im letzten Nachmittagsbus (14:30 Uhr) auf dem Weg zum Gletscher (es gab nur eine Richtung, aber alle Autos waren entweder voll, hatten keinen Platz für drei Leute oder wollten einfach nicht).
1 1/2 Stunden und einige „Oooh’s“ und „Aaah’s“ später, standen wir auch schon auf der Aussichtplattform und bewunderten das Schlumpfeis-Blau des wachsenden Gletschers, wobei bei etwas Geduld immer wieder Teile des Eises krachend ins Wasser stürzen. Es gibtzig Pfade mit guter Beschilderung, um ihn aus jedem Blickwinkel aus zu betrachten. Auch Boote fahren relativ nah heran (zu dementsprechenden Preisen), wobei wir aber fanden, dass sich für die beste Sicht auf abbrechende Eiskanten die Aussichtsbalkone besser eignen. Sicherlich kommt aber die Masse an Eis per Boot imposanter zur Geltung. Wir hatten unseren Spaß daran, aufs nächste Knacken zu warten, was ein potenzielles nächstes Krachen zur Folge hätte. Drei Stunden reichen völlig. Wer genug gesehen hat, kann sich im Restaurant oder Souvenirshop aufwärmen.

Einige Fakten zum Gletscher:
250 qm2 großer und 30 km langer Auslassgletscher in den südamerikanischen Anden
– benannt nach dem argentinischen Geografen Perito Moreno
– der meistbesuchte Ort im UNESCO-Weltkulturerbe Nationalpark Los Glaciares

Trotz seiner enormen touristischen Sogkraft mit verbundener Geldmaschinerie können wir einen Besuch nur empfehlen. So etwas haben wir in der Form noch nie gesehen (meist schwinden die Gletscher anderer Länder ja zusehends, wie schön einmal das Gegenteil zu beobachten).
Ja, aber nun, wo wir sowohl Festival und Gletscher auf der Reiseliste abhaken konnten, war’s das auch schon mit dem teuren, aber schönen El Calafate. Unsere „Reiseschatten“ aus der Schweiz Silvia und Ugo, die uns seit Futaleufu immer wieder, teilweise täglich, über den Weg laufen, haben uns in ihrer Großzügigkeit noch auf eine letzte Kaffeespezialität in der Stadt eingeladen (Corinna: warme Milch mit aufgelöstem Schoko-Swirl; Björn: Kaffee mit Bailey’s; Maike: Kaffee mit Calafate-Likör (aus der gleichnamigen Beere; auch Berberitze genannt)).
Und schon geht die Reise weiter zu einem unserer – zumindest in unseren Köpfen – absoluten Highlights: dem Torres del Paine. Fünf Tage wandern – über 75 km – bei viel Wind und Kälte – immer dabei: unser Zelt „Johnny Müller“ und unsere Backpacks.

Nützliches:
– Die Busfahrt zum Perito Moreno kostet 150 Pesos hin/zurück; am besten links sitzen (gute Sicht auf den Gletscher ab der zweiten Hälfte der Fahrt); 1 1/2h Fahrt; Bus wartet 3 1/2 Stunden vor Ort.
– Parkeintritt Los Glaciares (Perito Moreno) kostet 215 Pesos p.P. (Einheimische zahlen nur 80 Pesos, nicht wundern)
Camping mit Hostel: El Overejo; 80 Pesos/Nacht; Camping am Fluss, heiße Duschen, maues WLAN, super Lage mitten in der Stadt, Wäscheservice beim Opi nebenan (1kg = 30 Pesos). Großes Manko: Durch alle möglichen Zäune versammeln sich Horden von Streunerhunden, die auch abends gern ein Bell- und Kläffkonzert veranstalten. Ähnlich wie die bis 9 Uhr morgens feiernden Argentinier auf dem Zeltplatz.
– Schön: Die handgemachten Souvenirs, die man bewundern kann, wenn man vom Busbhf die Treppen zur Hauptstraße läuft. Die kleinen Holzstände gravieren einem auch handgeschnitzte Mate-Pötte. Viel toller Schmuck aus Heilsteinen, Holz und Stein. Teilweise zahlbar mit Visa.