Die größte Insel Chiles ist ein echter Hingucker! Schon die Busfahrt von Puerto Varas hat Lust auf mehr gemacht: vorbei an (ungelogen) tollenden Kühen auf der Wiese, Schweinchen beim Futtern und gelb beblümten Feldern.
Ankunft in Castro
In Castro, der „Insel-Hauptstadt“, ist uns sofort die beeindruckende Iglesia de Castro aufgefallen – eine violett-gelbe Farbbombe von einer Kirche mit pinken Akzenten. Also, Farben trauen sich die Chiloten ja… Die Pracht geht innen weiter, denn statt Gold und Glitzer fanden wir unerwartet viel warm anmutende Holzverkleidung. Aber seht selbst: eine tolle Kirche! Und der Eintritt ist gratis.
Ein Kirchen-Mekka
Überhaupt ist Chiloé für seine Kirchen berühmt. Es gibt stattliche sechszehn bunter Kirchen quer über die 180km lange Hauptinsel verteilt. Eingebettet in diese saftige Landschaft sind zahlreiche Siedlungen und Farmen; an der Pazifik-Westseite findet man den Parque National de Chiloé und weiter südwestlich den Parque Tantauco. Aber dazu gleich mehr.
Unterkunft: Zelt versus Hospedaje?
Erst einmal stellt sich auf Reisen die immer gleiche Frage: Wo schlafen wir?
Am Busbahnhof angekommen, wollten wir erst einmal das Zentrum finden, um die hiesigen Campingorte zu erkunden. Im vorigen Hostel hatte man uns erzählt, dass es fortan immer teurer werden würde. Und auch die Preise im Lonely Planet versprachen Ebbe im Geldbeutel. Also wieder zelten. Ausgerechnet die eine kleine Dame mit Visitenkarten in der Hand hatte Corinna nach dem Zentrum gefragt – und pro forma auch nach dem Hospedaje-Preis – und wir staunten nicht schlecht, als die kleine Señora meinte, sie berechne nur umgerechnet 8,50€ für eine Nacht im Dreierzimmer. Das schien zu gut, um wahr zu sein. Wir entschlossen uns spontan, der Dame zu folgen und hofften das Beste. Unsere erste Hospedaje-Erfahrung in Valdivia war ja eher durchwachsen.
Aber nach circa 15 Minuten mit Sack und Pack standen wir in der Pension und waren begeistert. Alles, was das Traveller-Herz begehrt. Funktionierende Küche, Warmwasser, drei bequeme Betten, zwei Bäder und eine abschließbare Tür. Nur ein Minuspunkt beim Wi-Fi. Aber offline sein, ist auch ziemlich erholsam.
Castro-Tour im Müßiggang
Alles Wichtige zur Stadt ist schnell erzählt. Neben den Kirchen hat das Städtchen Landesruhm erlangt, indem es seine Uferhäuser auf Stelzen baut. Die Wasserholzbehausungen nennen sich palafitos, sind ganz malerisch anzusehen und schlendern sich vor allem entlang der Costanera Puerto Montt ganz gut ab. Überhaupt sind wir ganz angetan von der Stadt, die auf den ersten Blick wie jeder x-beliebige Ort mit besserer touristischer Infrastruktur scheint. Aber vielleicht ist Castro ja ein Städtchen auf den zweiten Blick? Uns jedenfalls gefällt der raue Mix aus Touri- und Arbeiterstadt. Alte Opis, die nur mit Angelsehne (ohne Angel) Muscheln am Strand fischen oder Straßenverkäufer von Jung bis Alt, die dir den letzten Mist oder aber tolle Leckereien anbieten.
Seid ihr schon mal auf die Idee gekommen, Kartoffelpuffer als Puffertasche gefüllt mit Hackfleisch und Zwiebeln zu servieren? Unerwartet gutes Geschmackserlebnis! Der chilenische Name des Snacks ist Milcao.
Derzeit gibt es auch hier einen ganzen Reigen an Festen und Festivals. Wir sind eher zufällig an einer Turnhalle vorbeigeschlendert und dabei ein Tango-Festival entdeckt. Man hat uns gleich auf den Seitenränge willkommen geheißen und neben den traditionellen „kuchenes“ und jugos naturales (frischen Säften), die mit ihren pinken und zitronenartigen Farben so gar nicht nach selbstgepresst aussahen, auch schon fürs leibliche Wohl gesorgt. Los ging’s mit der Tanzkategorie 50+. Wir haben also gestandenen Opis und Omis beim engumschlungenen Tango tanzen zugesehen. Und wie rüstig die noch drauf waren… Wir sind uns zwar nicht sicher, ob das so unser Tanz wird. Der Mix aus Strenge und Anspannung, super dicht umschlungen sein und Schrittkombinationen macht uns ganz wirr. Zum Ansehen jedoch sehr geeignet.
Gastronomisches Highlight bleibt jedoch das „Café Popular“, das wir als Lonely Planet-Tipp gelesen haben. Werdet ihr in der Straße Latorre 120 auch finden – allerdings nicht mehr unter dem Namen „Hostalomera“ – das Lokal ist umgezogen und ebenfalls sehr lecker (wir hatten gefüllte Zucchini mit Reisberg und Wein mit Früchten gemixt). Im Café Popular haben wir wirklich irre gut gegessen – für umgerechnet 10 Euro gab’s leckere Salatvorspeise – und wir meinen auch lecker, denn ansonsten bedeutet „Salat“ in Chile Kopfsalathack und eine Tomatenscheibe – einen Hauptgang, erfrischenden kalten Kräutertee und Nachspeise. Wir hatten Salmon à la Mantequilla mit Papas (Lachs in Butter gebraten mit Kartoffeln – ein Muss in Castro; ist eine Lachs-Hochburg!) und Porotos con Mote (Weißer Bohneneintopf mit Kürbis und Basilikum). Und als postre (Nachspeise) gab’s Wassermelone. Endlich mal gesund gegessen! Und es gibt täglich nur 3 Hauptgerichte; zwei davon vegetarisch! Ein Unikum in Chile. Und das Ambiente von dem Laden, der gleich dazu noch ein Hostel ist, spricht einfach für sich. Schaut selbst. So bunt, dass es Spaß macht!
Die Canelo-Bäume – heilige Bäume der Mapuche
Unbedingtes Must-Do ist der Parque National de Chiloé. Mehrere kleine Wanderwege, alles sehr gut ausgebaut, mit kleinen Caféteria-Möglichkeiten, Ausblicken, Holzmuseen mit alten Agrargeräten der Chilenen und einer Menge Infos zu Flora und Fauna. Auch hier haben wir den berühmten pudú, den kleinsten Hirsch der Welt, leider nicht erspähen können. Aber für Vogelbeobachter und Botaniker ist es ein Paradies. Ein Weg führt auch direkt zum Strand, wo es einen großartigen Blick auf den Pazifik gibt. Plagegeister sind nur während des gesamten Weges überdimensionierte Pferdebremsen (Collicuacho – keine Ahnung, ob das so geschrieben wird), die einem an die Wäsche wollen. Im Wald, der mit vielen Erklärungen gesäumt ist, hat man aber wieder seine Ruhe und kann die ausgefallenen Spinnennetze, bemoosten Bäume und vielen Blüten bestaunen.
Hier ein „Best of“ in Bildern:
Zum Nationalpark kommt man ganz leicht mit dem Bus nach Cucao. Wir haben den um 9:30 Uhr geschafft (wer sagt, wir würden jeden Tag ausschlafen, irrt!). Die Busse fahren aber alle halbe Stunde ab und es gibt zwei Anbieter. Den Rückweg haben wir stehend verbracht, weil die Dame wohl mehr Tickets als Sitzplätze verkauft hat. Unsere Plätze waren nämlich schon belegt. Anstatt der laut Busangabe erlaubten 25 Passagiere waren wir zu Spitzenzeiten 40 Leute im Bus. Darf man sich bei dem Herumgerase gar nicht ausmalen. Mit den Anstiegen hat sich die alte Möhre von Minibus schon ganz schön abgekämpft.
Nützliches:
– Busfahrt von Puerto Varas nach Castro: 6500 Pesos p.P. – ca. 4 ½ Stunden (Fähre inklusive), Anbieter Cruz del Sur (Stand: Jan 2015)
Fährfahrt von Castro nach Chaiten: 12000 Pesos p.P. – ca. 5 Stunden (legt Do und So vom Hafen ab)
– Busfahrt von Castro nach Cucao zum Parque National de Chiloé: 1800 Pesos p.P. – ca. 1 ½ Stunden Fahrt, Minibus.
– Chiloé Parkeintritt: 1500 Pesos inkl. Kartenmaterial
– Unterkunft in der Hospedaje Economico von Señora Orieta (Doppel- und Triple-Zimmer mit geteilten Bädern) in der Piloto Samuel Ulloa 701/ Ecke Juan Sarrat (85390616 – 93796039) für unschlagbare 6000 Pesos pro Nacht! Ein Schnäppchen! Circa 15 Gehminuten vom Zentrum.
Ausflug nach Dalcahue
Den Ort machen genau zwei Sachen super bekannt: die UNESCO-geschützte Kirche „Nuestra Senora de Los Dolores“ aus dem 19,. Jahrhundert und der Kunsthandwerksmarkt.
Erstere war „under construction“ und komplett mit Holz verkleidet, zweiteres hat sich echt gelohnt.
Den Markt gibt’s das ganze Jahr über. Zwischen 9:30 und 10 Uhr (je nach Saison) ist geöffnet; teilweise bis 20 Uhr. Auf der ganzen Insel findet man hier wohl das authentischste Angebot an gewebten Stoffen: vom Pulli über Socken, Mützen, Babyschuhe und Teppiche ist hier alles aus dicker, warmer Wolle. Und die Farben sollen ausschließlich aus Naturpigmenten gefärbt worden sein, z.B. Wurzeln, Blättern und eisenreichem Schlamm.
Wir haben die ersten kleinen Souvenirs geshoppt. Bloß nichts Großes; die Reise hat ja gerade erst begonnen und Corinna betont immer wieder, wie irre günstig alles in Bolivien und Peru werden würde. Bloß nicht zu teuer in Chile einkaufen!
Danach war’s das auch schon mit dem Örtchen. Wir haben den Fischern beim Muscheln aufknacken beobachtet und den teilweise noch lebendigen Krabben in den Netzen beim Scheren zuschnappen beobachtet. Wären wir doch nur Fans von Meeresfrüchten: Wir hätten uns die Bäuche mit Austern und Amerikanischen Schwertmuscheln vollschlagen können.
Kurioses:
– Enrique Iglesias läuft mit seinem „Bailando“-Schmachtfetzen rund um die Uhr im Radio. Inzwischen können wir den Text auswendig.
– Beim Bus- und Metro fahren zeigt sich die gute, chilenische Erziehung: Alten, Schwangeren und Eltern mit Kids wird absolut IMMER höflichst ein Platz angeboten. Da fragt man sich, wozu dann das Gehupe und „Bonita“-Gequatsche am Straßenrand beim Anblick blonder, halbwegs „bebuster“ Frauen dann noch nötig ist. Naja, man kann wohl nicht alles haben. Im Vergleich zum restlichen südlichen Kontinent belassen’s die Chilenen wohl beim Pfeifen und Hupen; wohingegen die Nachbarländer durchaus penetranter sein sollen. Als große Brünette mit gedeckten Farben hat Maike keine Pfeif-Arien zu erwarten, gestarrt wird trotzdem.
– Witzig: Wir haben ein Fußballspiel im Fernsehen verfolgt, indem ausschließlich die Zuschauer, Trainer und Nebenschauplätze gezeigt. Absolut alles, außer das Spielfeld. Denn der Sender hatte wohl nicht die Rechte das eigentliche Match zu zeigen. Da schreit der Kommentator „Gooooaaaal“ und man sieht es nicht. Haha.
– Hat denn wirklich ganz Chile einen Hund als Haustier? Zusätzlich zu den Tausenden Straßenhunden, die einen nachts wach halten? Katzen sind hier klar unterrepräsentiert.
– Solltet ihr Asthma, eine Bronchitis, Allergien oder eine Nasen-Nebenhöhlenentzündung haben, hier die chilenische Lösung: tragt eine Muskatnusskette (siehe Bild). Klar, oder?
ABSCHLIESSENDE WORTE ZUR CHILOÉ-INSEL:
Wir wissen zwar nicht, warum die Panamericana genau hier endet, aber die Erbauer hätten sich keinen besseren Ort dafür aussuchen können. Wer sich einmal auf den rauen Charme, gepaart mit brandenburgisch-anmutendem Landschaftsbild, eingelassen hat, wird länger hier bleiben wollen. Wir haben uns hier super entspannt. Hatten Heimat- und Ostseefeeling zugleich. Leckeres Essen und den Bewegungsmodus auf Schlendern.
Nützliches:
– Busfahrt nach Dalcahue 1600 Pesos p.P. hin und zurück (Weiterfahrt zur Isla Quinchao; Station Achao möglich; eine der am leichtesten zugänglichen Inseln)
Hier gibt es noch passende Video dazu, viel Spass beim Anschauen: