Und da war er nun, der Alaska Highway, unser großes Ziel auf unserer Reise. Wir starteten unseren Backpacktrip in Januar in Chile und wir hatten immer das Ziel von Feuerland bis nach Alaska zu reisen. Doch bis Alaska war es noch ein langer Weg, der gesamte Alaskaweg erstreckt sich von Dawson Creek bis Fairbanks, das sind insgesamt 2.395 Kilometer.

Nachdem wir schon Vancouver Island, den Sea to Sky-Highway und den Goldrushtrail hinter uns hatten, begann nun in Dawson Creek der offizielle Alaska Highway. Für viele Leute ist der Alaska Highway ein großes Abenteuer und das war es auch für uns. Ein langer Weg der nordamerikanischen Wildnis.

Die Arbeiten des „Alcan“ Highway (Alcan war ein militärisches Akronym für Alaska-Canada) begannen offiziell am 9. März 1942. Das Militär wollte gerne eine Verbindung zwischen Dawson Creek und den damals bestehenden Richard Highway in Alaska bauen.  Nach nur 8 Monaten und 12 Tagen war dann der erste grobe Weg durch die Wildnis gebaut, mithilfe von mehr als 10.000 Soldaten. Aber erst 1948 wurde der Highway für die Öffentlichkeit geöffnet. Eine Verbindung zwischen Alaska und British Columbia wurden bereits 1930 vom US-Präsidenten Hoover erkundet, doch Pearl Harbor beendeten diese Bauarbeiten vorerst.

Der Start des Highways beginnt in Dawson Creek, dieser Ort hat aber keine Verbindung zu der gleichnamigen Serie in den 90ern. Wie üblich war der erste Besuch die Touriinfo des Ortes. Hier wurden wir perfekt ausgestattet mit Karten- und Infomaterialien. Auch ein kleines Museum informiert über Geschichte des Highways und über die indigenen Kulturen. Die Touriinfo hat täglich von 08:30 – 17:30 Uhr und in der Winterzeit von 10:00 – 17:00 Uhr geöffnet. Natürlich mussten wir dann auch noch ein Beweisbild vom Start des Alaska Highways machen. Ein großes Schild mit der Meile 0 befindet sich dich direkt rechts neben der Touriinfo und dann gibt es auf der 102. Avenue noch einen Kreisverkehr mit dem offiziellen Start des Highways.

Wir können euch eine kleine alte Bäckerei in der Nähe der Touriinfo empfehlen. Eine Schweizerin hatte sich vor ein paar Jahren diese Bäckerei geschnappt und verkauft nun dort Schweizer Spezialitäten. Wir hatten eine Laugenbrezel, Streuselkuchen, ein Gurken-Brie-Vollkornbrötchen. Mit vollem Magen und Tank konnte nun die Reise starten.

Wir hatten keine Zeit zu verlieren, denn wir hatten ein ehrgeiziges Ziel vor Augen, diese Nacht wollten wir bei den Liard River Hotsprings verbingen. Diese Thermalquellen waren 764 Kilometer von Dawson Creek entfernt und ist ein beliebtes Ausflugziel bei den Kanadiern. Der erste Tag sollte es echt in sich haben. Wir haben unterwegs Rehe, Füchse, tote Bäume gesehen und endlose Weiten genossen. Zwischen den „großen“ Städten, wie Dawson Creek, Watson und Whitehorse kommt nicht viel. Die kleinen Orte auf dem Alaska Highway, wie zum Beispiel Fort St. John und Fort Nelson, reichen nur aus um das Auto wieder vollzutanken und sich bei Tim Hortons mit Kaffee und WIFI einzudecken.

Es schneit! Auf dem höchsten Punkt des Alaska Highways, dem Summit Lake, kamen wir in einem ordentlichen Schneesturm. Wir waren erst 597 Kilometer von Dawson Creek entfernt, doch der Weg war jetzt schon eine Herausforderung. Der Summit Lake, welcher am Stone Mountain Provincial Park liegt, ist bekannt für die hohen Wellen. Eigentlich kann man hier im Sommer direkt zelten, doch jetzt Mitte September war daran nicht mehr zu denken. Der Wind peitschte ordentlich ins Gesicht und selbst mit Schal und Winterjacke haben wir ordentlich gefroren. Also schnell wieder zurück zum Auto inklusive Sitzheitzung.

Trotz starkem Wind sind die nördlichen Rockies ziemlich beeindruckend und mit dem Schnee war es zeitgleich auch ziemlich mystisch. Der Summit Lake liegt auf 1.295 Metern und ist der höchste Punkt der nördlichen Rockies. Nix im Vergleich zu den Anden in Südamerika, aber das weiß der Nordamerikaner ja nicht.

Oh man was für eine Nacht! Um 21:55 Uhr sind wir dann endlich bei den Hot Springs angekommen. Wir mussten uns in den letzten Kilometern doch etwas beeilen, denn um 22:00 Uhr hat der Campingplatz geschlossen. Also haben wir uns mit dem Auto einfach auf irgendeinem Stellplatz gestellt. Lust auf ein großes Abendessen in der Dunkelheit hatten wir dann auch nicht mehr, deshalb hatten wir nur ein Gurken-Tomaten-Toast und dann war es Zeit zum Schlafen.

2 Stunden bzw. 3 Stunden später klingelte dann schon wieder der Wecker, denn dieser Ort ist sehr bekannt für Nordlichter. Wir haben kurz die Augen aufgemacht, leider nichts am Himmel gesehen, also dann wieder weitergeschlafen. Große Entdecker wären bestimmt die ganze Nacht aufgeblieben, doch wir waren einfach zu knülle von dem langen Tag.

Der nächste Morgen begann mit einem typischen Campingfrühstück, Haferflocken mit Honig und 2 Toastscheiben. Danach wollten wir uns etwas aufwärmen und die 500 Meter entfernten Hotsprings besuchen. Doch als wir bereits im Auto saßen wurden wir von 2 Campern komisch beäugt. Nach den ersten 5 gefahrenen Metern kam der eine Herr wieder zurück, wir öffneten verwirrt das Fenster und wir bekamen den Grund zu sehen. Wir hatten einen Platten! Auf dem Weg zu den Liard River Hotsprings haben wir uns irgendwo einen kleinen Stein in das rechte Hinterrad eingefahren. Vielleicht lag es daran, das wir im Auto geschlafen haben. Doch jedenfalls war dieser kleine Stein der Grund für die morgendliche Überraschung. Also was tun?

Der Camper war so freundlich und hat uns das Rad mit dem Ersatzrad gleich vor Ort und Stelle ersetzt. Was man halt so an einem Sonntag um 10:00 Uhr macht, ach diese netten Kanadier. Mit dem Ersatzrad konnten wir dann zu der glücklicherweise nahgelegenen Tankstelle fahren. Dort hat sich dann ein Mitarbeiter den Reifen genauer angeschaut und geflickt. Wir hätten mit diesen Reifen weiterfahren können, aber wir wollten gerne den Reifen bei einer passenden Reifenwerkstatt in dem 220 Kilometer entfernten Watson Lake checken lassen.

Was für ein Start in den Tag, doch wir wollten uns die Laune nicht vermiesen lassen und sind dennoch erst einmal zu den Hot Springs gegangen und haben das warme Thermalwasser genossen. Die Liard River Hotsprings sind das ganze Jahr geöffnet. Die Hot Springs sind sehr zu empfehlen, am Besten nachts dort hingehen und Nordlichter beobachten, vielleicht habt ihr ja dann mehr Glück als wir.

Die nächsten 220 Kilometer sind wir also mit dem Ersatzrad gefahren bzw. geschlichen, denn mehr als 80 km/h kann man mit dem Ersatzrad nicht fahren. Nach den ersten Übelholmanövern wurden wir mehrfach „freundlich“ angehupt und darauf hingewiesen, dass wir etwas langsam fahren. Wer hätte das gedacht? Bei den nächsten Autos haben wir einfach den Warnblinker eingestellt und schon sind die Autos langsam staunend an uns vorbeigefahren und ohne jegliches Hupkonzert. 220 Kilometer bei maximal 80 km/h können wirklich langsam vergehen, doch dadurch wir auch vielen Bisons am Wegesrand bestaunen. Die Bison-Warnung stimmt auf jeden Fall.

3,5 Stunden haben wir dann schlussendlich für die Ministrecke bis nach Watson Lake gebraucht. An der Touriinfo haben die freundlichen Mitarbeiterinnen die lokalen Werkstätten kontaktiert und eine Werkstatt hatte dann zum Glück am Sonntag auch geöffnet. Die Reparatur war dann auch relativ günstig, für $25 wurde der Reifen dann noch einmal inspiziert und versiegelt. Während der Zwischenzeit konnte wir uns den Schilderwald bestaunen. Besucher von der ganzen Welt bringen hier ihre Ortschilder mit. 1942 wurde dieser Schilderwald von einem GI aus den USA gegründet, inzwischen hängen dort mehr als 100.000 Ortseingangs-, Straßen- und Nummernschilder von Besucher aus aller Welt.

Wie wunderbar, dass wir im Rancheria Hotel RV Park gestoppt haben. Super nette Leute, rustikaler Charme und sogar ein historischer Milepost von damals, als der Highway noch erbaut wurde. Erst einmal haben wir uns eine Dusche gegönnt und sind dann im Anschluss ins Restaurant bzw. in die Lounge gegangen. Dort haben wir die „Jungs“ kennengelernt, die Bauarbeitertruppe, die schon seit knapp 3 Monaten an einer Brücke 37 Kilometer vom Hotel arbeiten. Das sind schon harte Jungs, die den ganzen Herbst und Winter draußen an Brücken herumschrauben, aber dennoch haben sie ein großes Herz. Wir wurden herzlich begrüßt und gemeinsam haben wir dann mit denen „Big Bang Theory“ geschaut.

Der Besitzer vom Hotel und Gunther, ein „hart aber herzlich“ Typ, haben uns ausgequetscht und nach einer Bortsch-Suppe und 2 gesponserten Bieren später waren wir dann dicke Freunde. Der Chef höchstpersönlich wollte uns nicht im Auto übernachten lassen und uns ein Zimmer für die Nacht geschenkt und somit 90 Dollar gespart. Sagenhaft! Wir hatten echt Glück, denn diese Nacht hatten wir das erste Mal richtig Frost draußen, aber so konnten wir mit einer warmen Heizung und einer dicken Decke im Zimmer übernachten. We love Canada!

Am nächsten Morgen ging es dann früh raus. Erst einmal mussten wir die Scheiben vom Frost frei kratzen. Das heutige Ziel war die Hauptstadt von Yukon, Whitehorse. Der ganze Staat Yukon hat nur 33.897 Einwohner und 26.700 Menschen wohnen allein in Whitehorse. Für uns ist es eher eine Kleinstadt, aber für die Einwohner von Yukon ist es die Stadt die Big City mit großen Shoppingzentren, Walmart, Ausgehmöglichkeiten und vielen Behörden.

Die Stadt Whithorse ist wirklich ganz sehenswert, sie liegt nah am Yukon River und war während des Goldrausches ein wichtiger Umschlagplatz für die Versorgungsgüter der Goldsucher. Ab 1942 erlebte die Stadt einen zweiten Boom durch die Ankunft tausender Soldaten. 11 Jahre später wurde dann die Hauptstadt von Dawson nach Whitehorse verlegt.

Das Beez Kneez Bakpaker Hostel in Whitehorse ist das Highlight! Lauter nette Leute, u.a. eine 19-jährige Dänin, die 1 Monat mit dem Fahrrad durch Alaska gefahren ist. Der Kühlschrank war voll mit viel „free food“. Abends haben wir uns dann gleich einen Riesenpott Gemüsesuppe gekocht. Ein Opa aus Ottawa, der Hobbymaler ist, hat uns eines seiner Gemälde geschenkt. Ach Kanada, wie toll du doch bist.

Am nächsten Tag war es dann also so weit, wir haben uns nach Alaska aufgemacht.