Es sind zwar noch 1,5 Monate bis unsere Weltreise beginnt, aber dennoch werden wir jetzt schon ein paar Sachen an Deutschland, Berlin und unserem Kiez vermissen.
Hier ist unsere Top 10, an Dingen die wir an Berlin und unserem tollen Friedrichshain Kiez vermissen werden, Reihenfolge irrelevant.
1. Den Wochenendmarkt am Boxhagener Platz
Ach, lieber Boxi, was wirst du uns fehlen. Nur ein paar Meter bist du von unserer Wohnung entfernt und dennoch zeigst du uns jedes Mal Berlin aus den Touristenaugen. Multi-Kulti, verschiedene Gerüche, exotisches Obst und Gemüse, unterschiedlichste Sprachen, der Rosenverkäufer als Marktschreier, der so charmant die Tulpen und Rosen an die Frauen verkauft. Der Südamerikaner mit seinem starken Espresso. Wenn wir wieder zurückkommen, dann werden wir dich wieder Samstag und/ oder Sonntag besuchen, versprochen…
2. Die gute deutsche Hausmannskost
Wir werden auf unserer Reise wohl ziemlich exotischen Köstlichkeiten probieren, aber gegen ordentliche Kartoffeln, Klopse, Mischgemüse und leckere Sauce wird auch keine südamerikanische Tortilla ankommen. Oder doch? Gäbe bestimmt lustige Abende, wenn wir vor Ort einen Rezepttausch vorschlagen: Gulasch, Flammkuchen & Co. gegen eine chilenische Meeresaal-Suppe (Caldillo de congrio) oder Bohneneintopf (Porotos granados) eintauschen. Wer weiß, laut unserer Recherche klingt die Hausmannkost von Ländern wie Chile auch sehr, sehr lecker. Wir lassen uns auch überzeugen: Hier gibt’s eine tolle Liste
Dennoch werden wiruns spätestens dann als hoffnungslose Deutsche enttarnen, wenn wir uns in unsere Säfte unterwegs Wasser (mit Sprudel wäre natürlich das Klischee-Ideal) hineinmischen. Des Deutschen liebstes Getränk ist ja bekanntlich die Schorle. Die werden wir auch vermissen…
3. Die Warschauer Straße
Diese Straße und die Warschauer Brücke sind echt der Wahnsinn. Hier treffen wirklich alle zusammen, die Partytouristen, die Leute auf dem Weg zur Arbeit bzw. auf dem Heimweg, Familien, Pub-Crawler, Berliner Eisbären-Fans, Radfahrer, Obdachlose, Straßenhändler, Drogenverkäufer, U-Bahn-, S-Bahn- und Tramfahrer. Die ganze Zeit ist Rushhour, vor allem am Wochenende wird es bunt, schräg, manchmal auch eklig, aber genau deshalb mögen wir es dort.
Samstag Nacht ab Mitternacht tobt hier die Party, die besten Clubs der Stadt liegen hier in der Nähe: Watergate, Berghain, Club der Visionäre, Rosi’s, Wilde Renate, Suicide Circus und, und, und…. Ein Ziel für viele Touristen und für uns. Currywurst, Bier, Döner und Jägermeister – Heerscharen von Touristen glühen in den umliegenden Hostels vor. Während Bands auf der Brücke ihre Mini-Anlagen aufbauen.
4. Der Volkspark Friedrichshain
Berlin ist eine der grünsten Städte Europas. Über 2.500 Erholungs- und Parkanlagen kann man hier finden, dazu noch ca. 420.000 Bäume am Straßenrand. Insgesamt ist fast ein Drittel der Gesamtfläche Wald bzw. öffentliche Grünfläche. Wenn wir ein bisschen ‚frische Luft‘ atmen möchten, dann zieht es uns in den Volkspark Friedrichshain.
Der Park zählst du den ältesten Parkanlagen. Was früher einmal Schutt war und von der roten Armee gesprengt wurde, bietet nun eine super Aussicht auf Berlin Friedrichshain und Berlin Mitte: Der 78 Meter hohe Berliner Bunkerberg.
5. Bäckereien
Es gibt doch nichts Besseres als einen Samstag oder Sonntag mit einem langen, ausgiebigen Frühstück zu starten. Was dazu fehlt? Frische und selbst gebackene Brötchen, am besten in Kombination mit einem leckeren Cappuccino. Der morgendliche Brötchenweg führt zum Morgenrot in der Boxhagener Straße. Während die Hauptstadt noch um 10:00 Uhr schläft, machen wir uns auf dem Weg zum naheliegenden Schwäbischen Bäcker. Frische Brötchen, eine rustikale Theke, leckerer Kaffee sowie ein kurzes Gespräch über das kommende Fußballspiel von VfB Stuttgart bzw. Werder Bremen sind jedes Mal inklusive.
Schon während unserer Studienzeit in England haben wir das gute, deutsche Körnerbrot in allen Variationen und die gefühlt hundert Sorten verschiedenster Brötchen vermisst wie die eigene Familie. Also, essen wir jetzt bereits vor, was uns demnächst wieder lange fehlen wird…
6. b-ware Ladenkino
Vor Kurzem haben wir dieses kleine Kino für uns entdeckt. Während die meisten Kinobesucher eher die großen Multiplex Kinos bevorzugen, zieht uns eher in dieses kleine Kino in Friedrichshain – wohlgemerkt mit der Aufschrift „Dies ist kein Kino“. Ein Kinofilm für 3,50 €(!); im Ladenkino ist solch ein Preis noch möglich. Uuuuund, weil wir Whisky-Genießer sind, können wir euch einen Besuch in der Gärtnerstr. 19 noch mehr empfehlen: Denn an der Bar gibt’s so ziemlich – ach, was reden wir: Übertreibung ist hier angebracht – die beste (!) Auswahl an Single Malt Whiskys, die wir abgesehen von einem Spirituosen-Fachgeschäft für Erlesenes je gesehen haben. Und das in einem Kino! Mit Nosing Glas, fairen Preisen für den guten Stoff und entspanntem Ambiente.
Zum Look haben wir auch noch kein Wort geschrieben… Nun denn, nur so viel sei gesagt: ausgesuchte Rokoko-Polstermöbel, ein bisschen Industrie-Charme und eine angenehme Ladung Kitsch kombiniert mit tollem Off-Programm und – Achtung – Filmkunst-Cinethek.
Zum Film wird man übrigens „abgeholt“. Der Mann, der dir eben noch deine Fritz Limo verkauft hat, huscht dann in den Raum, verkündet den Film, der gleich beginnt und die Besucher folgen ihm unauffällig in Räume mit so Namen wie „Wohnzimmer“ und „Romy Royale & Le Petit Titan“. Na, haben wir euch überzeugt?
7. Späti
Berlin ist ein Paradies für Nachtschwärmer und selbst die Supermärkte haben fast jederzeit auf, wie zum Beispiel unser „Kaisers“ in der Warschauer Straße. Aber selbst wenn die Supermärkte ihre Türen geschlossen haben, im guten alten Späti ist rund um die Uhr fast alles erhältlich. Ob die fehlende Butter zum Frühstück oder einfach nur Obst, hier ist alles und jederzeit zu haben. Ein echter Luxus, den wir – wenn wir unterwegs sein werden – sicherlich vermissen werden. Gerade, weil wir uns Länder ausgesucht haben, in denen Siesta noch Teil des Nationalstolzes ist und zwischen 14 und 16 Uhr quasi nichts mehr geht.
Jaja, wir wissen, dass das wirklich Erste Welt-Luxus-Probleme sind… der verwöhnte Berliner und das laissez faire-Leben, tztztz. Tja, Leben und leben lassen. Wir und der Späti-Mann (in 99% aller Fälle ein Späti-Mann). Win-Win für alle Beteiligten.
8. Öffis
OK, spätestens denkt jeder Berliner, Zugezogene und halbwegs belesene Berlin-Kenner, wir sind wahnsinnig. Ehrlich, ihr werdet die öffentlichen Verkehrsmittel vermissen?!
Yep, werden wir. Wir haben beide schon einige Zeit im europäischen Ausland verbracht, das – so möchte man allgemein annehmen – in Sachen Personennahverkehr unserem zukünftigen Zielen in Süd- und Mittelamerika so einiges voraushaben sollte. Aber denkste, Puppe! In Irland ist es auf dem Land und in Kleinstädten eher ein Glücksspiel, dem Busfahrplan zu trauen und auch unsere Erlebnisse auf Malta damals noch mit den nostalgischen, alten, wohl eher nicht TÜV-geprüften Bussen bestätigen unsere These: Die Deutschen jammern zu sehr über fünf Minuten Verspätung.
Wenn man einmal stundenlang mit einer Horde anderer mehr oder weniger genervter Fahrgäste auf einen unverschämt verspäteten Bus wartet, weiß man das deutsche Liniennetz aus Bus, Bahn und gut ausgebauten Straßen mehr als zu schätzen.
Wenn die Bahn dank Gewerkschaft mal wieder bestreikt wird, erinnern wir uns an die guten Zeiten…
Und ganz ehrlich: Wenn wir auf Reisen Paul Kalkbrenners Song „Train“ mit dem S-Bahn-„Tür schließt“-Sound hören werden, kommt bestimmt ein Schluchzen mit einer Prise Heimatgefühl. Ich sehe uns schon, mit Hühnern, Backpacks, alten Omis und Kindergeschrei in irgendeiner staubigen Klitsche auf vier Rädern durch die Walachei tuckern. (Vorurteile sind da, um gebrochen zu werden. Wir hoffen natürlich, dass uns auf langen Busreisen etwas mehr Komfort vergönnt ist).
9. Der Kleidungsstil
Zugegeben, es klingt schräg. Den Kleidungsstil der Stadt zu vermissen. Aber, wenn man näher darüber nachdenkt, klingt es eigentlich ziemlich plausibel. Der Berliner trägt einfach alles und keinen schert‘s (tolles Wort, benutzt man viel zu selten). Nicht so wüst, wild, rebellisch und „zeig’s mir, baby“ wie der Londoner, auch nicht so schick, elegant und klassisch wie der Pariser, sondern einfach lässig. Lässig, beschreibt es am besten. Keiner stört sich am Kleidungsstil des anderen. Sicherlich, ist in unserem Kiez der New Yorker Hipster-Style in den letzten zwei Jahren durchweg angekommen, und trotzdem macht hier jeder sein Ding. Understatement ist angesagt. Mode-Kritiker betiteln es als Norm-Core (= hip fühlen mit Mainstream-Zeugs aus der Shopping Mall und dabei in der Masse verschwinden). In einen Berliner Club geht man underdressed und mit einem Look, als hätte die Party schon die Nacht zuvor angefangen.
Tendenziell ist der Berliner schon eher zurückhaltend in der Farbwahl, obwohl wir wohl mit unserem schwarz-grau-blau-Spleen eine krasse Form der Non-Farbe darstellen. Wir haben uns sogar schon Schwarz-Grau-Kaufverbot erteilt, aber daraus wird einfach nichts. Wir ziehen die gedeckten Farben einfach an.
Und gerade wir reisen in die Länder, wo expressive Farben gang und gäbe sind (wieder so eine schöne Redensart, die man eher spricht als schreibt… Ist dudengeprüft. Der Bildungsanteil des Artikels ist somit auch gleich erfüllt. ;-)) Vielleicht erfahren wir ja auf Reisen die magische Farb-Typ-Veränderung. Wir halten euch visuell auf dem Laufenden. Noch schwelgen wir jedoch im herbstlichen Grau-Schwarz unseres Kleiderschranks und tarnen uns damit perfekt in den Straßen der Hauptstadt.
10. Alles ist möglich: Und das an einem Tag
Oder auch genannt der „Berlin-Klassiker“: Erschlagen von den Möglichkeiten. Oft im Sommer erlebt. Da fällt dann schon mal der Karneval der Kulturen mit dem Immergut Festival, dem perfekten Film fürs Freiluftkino, Grillen bei Freunden, einem Geburtstag und der Werder Baumblüte zusammen. Wooooaaaah, was tun? Zerteilen, Persönlichkeitsspaltung, Aufteilen, von-jedem-ein-bisschen-aber-keins-so-richtig oder einfach ene-mene-muh-raus-bist-du-Spielen? Manche verzweifeln daran. Wir teilweise auch.
Als ausgesiedelte Landeier mussten wir mit der Fülle an Möglichkeiten auch erst einmal umgehen lernen und wissen es jetzt zu schätzen, dass das heimische Sofa immer eine Option sein kann, aber nie sein muss. Umgekehrt wäre schlimmer. Im Freundeskreis gelten wir bereits als rastlos, da wir uns selbst unter der Woche trotz 42 Std-Arbeitswoche so „zuplanen“. Wir wundern uns manchmal selbst, woher wir die Kraft aufbringen, immer noch irgendwo hinzufahren nach 18 Uhr. Aber hey, das Leben ist zum Leben da. Viel schlimmer wäre der Gedanke für uns nur vom Wochenende zu leben, wo sich die Gemeine Arbeiterbiene ja gefälligst zu erholen hat, um am Montag wieder brav zu funktionieren… (Wir wissen inzwischen, dass uns auch das Wochenende nicht reicht und wir jetzt auf ein Jahr verlängern… vielleicht dann ohne Rastlosigkeit? Auch hier geben wir Updates.)
Wenn uns doch der Berlin-Kollaps packt, dann tun wir das, was alle tun. Raus aus der Stadt und ab nach Brandenburg. Wie der Stefan-Raab-Sprecher beim Bundesvision Song Contest immer so schön ankündigte: „Jetzt kommen wir zum wahrscheinlich schönsten Bundesland… “ Und das ist für uns natürlich Brandenburg, speziell die Heimat des Mannes: die Uckermark.
Auch diese Reise ist wieder möglich: Und das an einem Tag. Das Gefühl werden wir vermissen.
Uns wurde schon gesagt, dass wir selbst für ein itsy bitsy teeny weeny Land wie Costa Rica (so groß wie Niedersachen) für eine Mini-Strecke Stunden brauchen werden und es eine tagesfüllende Aufgabe sein kann, von A nach B zu kommen. Dann noch die Tages-Basics wie Essen, Trinken, Schlafplatz suchen, Orga-Krams dazu addieren… fertig ist der Tag, ohne wirklich was „erlebt“ zu haben. Reise-Strapaze zählt nicht…
Vielleicht küsst uns ja die Gelassenheits-Muse und wir werden uns in der herrlichen Öde des Nichts-Tun-(Müssens) suhlen? Den Großstädter endlich hinter uns lassen? In uns hallen die Worte unserer Spandauer Zwillingsmama-Freundin… Stichworte „rastlos und gehetzt“… Und sie hat ja Recht: Loslassen will gelernt sein. Und es ist nicht schlimm, etwas zu verpassen. Wahre Worte.
Der Vollständigkeit wegen soll es jedoch als letzter Punkt erwähnt bleiben: Alles ist möglich in [Berlin] bzw. dem [Ort deiner Wahl].
Hach, da kommt beim Lesen schon ein wenig Heimweh auf :). Ich wünsche euch Beide eine tolle Zeit. Es wird wohl der aufregendste Abschnitt eures Lebens, auch wenn die Hochzeit schon Adrenalin genug war. Liebe Grüße von cellannie :*
Hallöchen Cellannie,
die Liste könnt ihr bestimmt noch um einiges erweitern, oder?
Wir wünschen euch Beiden weiterhin viel Spaß auf eurer Tour, vielleicht
treffen wir uns ja zufällig irgendwo in der Welt? 🙂
Beste Grüße nach Thailand